Mit dem Dentalmuseum durch 2025 – Teil 5

„Die wollte ich schon haben“

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Jeder Sammler und Archivar träumt davon, (s)eine Vitrine vollständig bestücken zu können. Da bleibt auch der Museumsleiter Andreas Haesler seiner Gilde treu. Doch manchmal bleibt eine schmerzende Lücke, weil ein Puzzleteil fehlt – dann braucht es viel Geduld, ein bisschen Glück und eine Trüffelnase.

Manchmal reicht es, einfach mal „Zahnbürste“ in die Suchmaske einzugeben – und es haut einen aus den Socken. Zehn, zwölf Jahre sind es wohl her, als Haesler beim Surfen (im Internet) dieses Exemplar entdeckte, sofort ratterte es in seinem Kopf: Hochadel, vermutlich irgendein Königshaus, aus der Zeit des Empire. Er musste einfach mitbieten, „da bin ich quasi hingezogen worden“, eine Zahnbürste aus Napoleonischer Zeit fehlte dem Dentalmuseum damals noch.

„Ich will ja eine 360-Grad-Sammlung machen“, nennt Haesler das, ihm geht es um eine umfassende Geschichte der Zahnmedizin. Und da war der missing link. Ein wenig angespannt schaute er darum immer wieder in sein Postfach, ob er überboten wurde, aber jedes Mal konnte er sich erleichtert zurücklehnen. „Keine Sau hat drauf geboten“ – er bekam den Zuschlag, es blieb bei 25 Euro, inklusive Versand, 8 Euro Zoll. Der Verkäufer wusste ganz offensichtlich nicht, was für einen Schatz er da feilbietet. Haesler hätte anders getextet: „im Original bemalten Etui“, „und dann hätte ich 500 Euro angesetzt“.

Also, was sehen wir?

Schwein an Elfenbein

Wir sehen nicht die Zahnbürste von Napoleon himself. Die war vergoldet und mit seinem Monogramm „N“ versehen – berüchtigt die Zahnbürste wie der Mann selbst. Selbstredend, das Original zu bekommen, wäre eine echte Granate, dürfte aber unmöglich sein. Wobei unmöglich? Haesler schmunzelt: „Unmöglich? Wir werden sehen, wir sind das Dentalmuseum!“ Aber bis es so weit ist, gilt es eben, ein gleichwertiges Äquivalent in die Sammlung zu bringen. Und das haben wir hier.

Von seinem Hausarzt wurde aufgeschrieben, dass Napoleon sich zweimal am Tag die Zähne geputzt hat. Damit wäre er seiner Zeit voraus gewesen. Haesler glaubt das nicht. „Da sollten wir lieber noch mal einen Ausflug nach Paris machen und nachschauen.“ Jedenfalls ist Napoleons Zahnbürste baugleich, in eine kleine Elfenbeinplatte sind Schweineborsten eingelassen. Hier ist der Griff in Silber und ohne Monogramm, mit einem Aufnahmefach für den separaten Zahnbürstenkopf. Stellt sich die Frage, ab wann gab es eigentlich Wechselkopfzahnbürsten – bereits um 1790?

Besonders wertvoll bei unserer Zahnbürste ist dagegen das originale, handbemalte Etui. Die Bürste kommt aus Lissabon, Portugal. Aufgrund der überaus hochwertigen und seltenen Fertigung muss man auch hier von einem adeligen oder sogar hochadeligen Haushalt ausgehen. So hatte beispielsweise die Großherzogin Stephanie von Baden ebenfalls eine solche Zahnbürste, da sie verwandt mit Napoleon war.

Damit ist unser Exemplar ebenwürdig und ein wichtiger, funkelnder Baustein in der mehr als 4.000 Jahre zählenden Zahnbürstengeschichte.

In Teil 6 präsentieren wir eine weitere Rarität – einen Zahnschlüssel mit Papageienschnabel.

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