Drogenbeauftragter: „Wir betreten Neuland“
Teilnehmen werden ministerielle Vertreterinnen und Vertreter aus dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Tschechischen Republik, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland, Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft genauso wie hochrangige Vertreter und Vertreterinnen der Drogenagentur der Europäischen Union (EUDA). Das meldet das Büro des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Burkhard Blienert (SPD).
Der ministerielle Austausch knüpft an die im Jahr 2022 auf Einladung Luxemburgs und im Jahr 2023 auf Einladung Maltas durchgeführten Konsultationen an. Im Zentrum stehen die ersten Erfahrungen bei der Regulierung von Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken sowie die Themen Prävention und Evidenz.
„Cannabis bleibt eine der am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen in Europa“
„Trotz jahrzehntelanger Prohibition und strafrechtlicher Verfolgung war und ist Cannabis eine der am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen in Europa und weltweit“, sagte Blienert im Vorfeld der Veranstaltung. „Seine Verfügbarkeit, seine Nutzung und – aufgrund der immer weiter gestiegenen THC-Gehalte – seine Gefährlichkeit für die Gesundheit haben im letzten Jahrzehnt stetig zugenommen.“
Blienert ist sich sicher, dass es durch evidenzbasierte Prävention, verstärkte Aufklärung und die mit dem Konsumcannabisgesetz in Deutschland verwirklichte Entkriminalisierung des Eigenanbaus gelingen wird, die mit dem Konsum von Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken verbundenen Gesundheitsrisiken „ein ganzes Stück weit zu reduzieren. Auch den Schwarzmarkt werden wir signifikant zurückdrängen.“
Die weitere Regulierung soll wissensbasiert erfolgen
Der Drogenbeauftragte gesteht aber auch: „Wir betreten Neuland. Und deshalb ist es wichtig, alle Schritte umfassend zu evaluieren und einen engen Erfahrungsaustausch mit allen anderen europäischen Staaten zu etablieren, die vergleichbare Schritte gegangen sind oder gehen werden. Deswegen habe ich für diese Woche nach Berlin eingeladen.“
Der Austausch soll nach dem Willen der beteiligten Regierungen in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Ziel soll sein, Daten zu Cannabiskonsumraten und -mustern sowie zu Entwicklungen auf dem Cannabismarkt auszutauschen und sich so dabei zu unterstützen, im Rahmen der Regulierung wissensbasiert vorzugehen. Auch über neue Präventions-, Beratungs- und Behandlungsansätze wollen sich die Staaten austauschen. Darüber hinaus haben die Regierungsvertreterinnen und -vertreter vereinbart, sich wechselseitig über politische Planungen im Bereich Cannabis zu informieren.
Lauterbach: „Die Legalisierung ist ein wichtiger Paradigmenwechsel“
In einer erneut emotionalen Parlamentsdebatte haben sich Kritiker und Befürworter mit den Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland auseinandergesetzt. Während Redner der ehemaligen Ampel-Koalition am Freitag, 15. November 2024, in einer von der CDU/CSU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde die Freigabe verteidigten, sprach die Union von einem eklatanten Fehler, der die innere Sicherheit in Deutschland gefährde. Dr. Silke Launert (CDU/CSU) sprach von einer „Einladung an Kriminelle“ und verwies auf die sogenannte Mocro-Drogenmafia, die in den Niederlanden agiere und längst den Weg auch nach Deutschland gefunden habe. Sie warf den damaligen Ampel-Koalitionären vor, Warnungen der Polizei vor diesem erwartbaren Problem ignoriert zu haben.
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) bewertete die Legalisierung hingegen als wichtigen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Der Cannabiskonsum sei in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen, auch unter Jugendlichen. Der Konsum sei eine gefährliche Realität, denn die Drogen seien immer höher dosiert, hinzu kämen toxische Beimengungen. „Cannabis ist überall. Sie können es sehen und riechen.“ Auch die Kriminalität sei in der Vergangenheit gestiegen, sagte der Minister und fügte hinzu: „Die niederländischen Clans sind das Ergebnis der gescheiterten Drogenpolitik.“
Kristine Lütke (FDP) zeigte sich überrascht, dass die Union ausgerechnet in dieser schwierigen Lage eine Debatte über Cannabis auf die Tagesordnung setze, wo doch eigentlich Lösungen für wirtschaftliche Probleme dringlicher seien. Sie hielt der Union vor, alte Vorurteile gegen Cannabis wieder aufzuwärmen, ohne dafür Belege vorzulegen. In diese Richtung argumentierte auch Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), die der Union ein „seltsam obsessives Verhältnis zu Cannabis“ attestierte. Die überfällige Cannabisreform sei ein wichtiger, entscheidender Erfolg der Ampel-Koalition. Vor der Reform sei der Markt fest in der Hand des organisierten Verbrechens gewesen. Sie betonte: „Die Prohibition ist gescheitert.“
Die Ampel-Koalition hatte das Cannabisgesetz (20/10426) im Februar auch gegen Kritik von einigen Fachverbänden durchgesetzt. Seit dem 1. April 2024 sind der Besitz und Konsum von Cannabis unter bestimmten Bedingungen legal. Seit dem 1. Juli dürfen außerdem Vereinigungen zum Eigenanbau von Cannabis Anträge auf Zulassung stellen. Das geerntete Cannabis kann dann an die Mitglieder ausgegeben werden.