Mit dem Dentalmuseum durch 2025 – Teil 7

„Das Bild wird einen Ehrenplatz bekommen“

Heftarchiv Gesellschaft
mb
Wer eine Ausstellung konzipiert, der muss schon vorher sehen, was noch nicht da ist. Genauer: Der muss gesichtet haben, was alles da ist (in den Kisten und Kellern), und dann mit dem geistigen Auge vorausschauen, wie sich alles fügen könnte und zueinander passt (in den Vitrinen und Galerien). Wie durch geänderte Kombinationen überraschende Schaulüste und neue Erkenntnisse entstehen.

Denn die heilige Apollonia hat ja jede und jeder dental native zigmal gesehen, die Darstellungen sind Legion. Gemalt oder geschnitzt, gar gesiebdruckt. Sie hängt und steht in zahllosen Museen, Kirchen und Zahnarztpraxen. „Die Liaison der Kunst mit dem Apollonia-Kult war fruchtbar durch die Jahrhunderte“, schrieb Dr. Wilhelm Bulk schon 2007 in den zm, viele Jahre zuvor hatte er ihr bereits seine Dissertation gewidmet.

Und auch die Geschichte samt Legende bekommt man noch irgendwie zusammen: Geboren im dritten Jahrhundert nach Christi im nördlichen Ägypten blieb sie standhafte Christin bis in den Tod. Im Rahmen der Christenverfolgung im Römischen Reich wird sie festgesetzt, verschleppt, verhaftet und gefoltert, um ihrem Glauben abzuschwören. Die Häscher reißen ihr die Zähne heraus, nimmt man eine andere Quelle schlägt ihr der Mob so brutal „auf die Kinnbacken, dass die Zähne herausfallen“. Doch sie will ihren Glauben nicht verleugnen; obwohl der Scheiterhaufen schon lodert und ihr die Verbrennung bei lebendigem Leib droht, weigert sie sich gottlos zu sterben. Da stürzt sie sich lieber selbst ins Feuer.

Wie so oft vermischen sich Historie und Mythos und lassen sich nicht mehr eindeutig trennen. Einmal soll Apollonia auf dem Scheiterhaufen schon dem Volk noch zugerufen haben: „Alle, die Zahnschmerzen haben und zu mir beten, werden Heilung finden.“ Tatsächlich soll Papst Johannes XXI. (Papst 1276/77) die Gläubigen dazu aufgerufen haben, bei Zahnschmerzen zur Apollonia zu beten. Jedenfalls trug ihr Martyrium dazu bei, dass sich viele zum Christentum bekennen. Heilig gesprochen wurde sie 1634 durch Papst Urban VII. So wurde sie zuerst die Schutzpatronin aller an Zahnweh Leidenden und dann der Zahnärztinnen und Zahnärzte. Und ihre Tapferkeit und Standhaftigkeit war (ist) zahlreichen Gläubigen Inspiration.

„O Gott! Aus Liebe zu dir hat die heilige Apollonia die Ausschlagung ihrer Zähne starkmütig erduldet; darum verleihe uns, dass wir durch ihre Fürbitte von allen Haupt- und Zahnschmerzen frei bleiben und nach diesem irdischen Leben zu den ewigen Freuden gelangen mögen. Amen.“

ein altes Gebet

Zange mit Zahn und der Palmzweig der Märtyrer

Was also hat Museumsdirektor Andreas Haesler im Dentalmuseum mit ihr vor? „Wir haben das Bild zurückgeholt, damit die Sammlung sich vervollständigt“, sagt er. Jahrzehntelang hing es zuvor im Medizinhistorischen Museum Ingolstadt. Deshalb soll es in der späteren Ausstellung zur Geschichte der Zahnheilkunde einen Ehrenplatz bekommen, neben anderen bedeutenden Gemälden. „Das wird ein ganz weißer Raum, ohne Kanten und Ecken – wie ein Zahn, mit Vitrinen zu verschiedenen Zeiten.“ Er hat eine Vision.

Und was wissen wir über das Bild? Es zeigt die Apollonia mit ihren charakteristischen Insignien: der Zange mit Zahn und dem Palmzweig der Märtyrer. Der Blick ist nach oben gerichtet – „ein Altarbild, definitiv“, ist Haesler sich sicher, „datiert auf das Jahr 1731, von einem unbekannten Künstler“.

Das Gemälde, Öl auf Leinwand, zählt für ihn zu den bedeutendsten Darstellungen der Apollonia; zurzeit wird es in Zschadraß im Bibliotheksgebäude in der Sonderausstellung „Zahn Halte Apparate" ausgestellt. Eine letzte Restaurierung erfuhr das Bild im Jahr 2018 in Ingolstadt. Haesler: „Ein Schmuckstück der Ausstellung.“

Nach diesem Artikel über ein Exponat, das jeder kennt, folgt im nächsten Teil eins, das keiner kennt: der Optimax.

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